Leseprobe aus Kapitel 4.2 Rentabilität bankbetrieblicher Leistungen

4.2 Rentabilität bankbetrieblicher Leistungen

Die Forderung nach einer hohen Rentabilität des eingesetzten Kapitals bestimmt das wirtschaftliche Denken. Gleichzeitig darf das eingegangene Risiko nicht grenzenlos wachsen, sondern muß sich in einem Limit bewegen.384 Die in den vergangenen Jahren gestiegene Bedeutung des Risikomanagements in den Kreditinstituten und die differenziertere Betrachtung der Risiken durch die neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarungen (Basel II) untermauern die Forderung nach einem bewußten Umgang mit risikobehafteten Engagements. Innerhalb dieser Limit stehen die Fragen im Raum, woher die Rentabilität bankbetrieblicher Leistungen stammt und welche Treiber sie langfristig beeinflussen werden.

4.2.1 Die Rentabilität von Bankengruppen

Die bei den größeren Banken aus Gründen der Publizitätspflicht notwendigen Angaben über Segmentergebnisse fehlen für den Großteil des Geschäftsvolumens deutscher Kreditinstitute und werden auch nicht separat erhoben. In ihren Untersuchungen zur Ertragslage der Kreditinstitute in Deutschland kann die Deutsche Bundesbank daher auch nur auf ausgewählte Aspekte sowie generelle Aussagen und Schlußfolgerungen zurückgreifen. Eine direkte Zurechnung von Erträgen und Aufwendungen zu bestimmten Bilanzpositionen erscheint nur bedingt möglich zu sein.385

Bis auf die Spezialbanken stehen im deutschen Bankenmarkt fast ausschließlich Universalbanken miteinander in Konkurrenz. Trotz unterschiedlicher Schwerpunkte in den strategischen Geschäftsfeldern kann anhand einer Gruppenzugehörigkeit keine voneinander differierende statistische Basis erstellt werden. Daher kann keinen Rentabilitätsanalyse für einzelne Geschäftsfelder vorgenommen werden.

Das Ziel einer Eigenkapitalrentabilität vor Steuern von 25% scheint sich nicht in greifbarer Nähe zu befinden. Alle Bankengruppen zusammen weisen für die Jahre 2000 bis 2004 durchschnittlich eine Eigenkapitalrentabilität von lediglich 5% auf. Die Unterschiede zwischen den Bankengruppen sind jedoch erheblich.

Die Großbanken386, die sich besonders im großteiligen Firmenkundengeschäft, im Investment Banking und im Geld- und Kapitalmarktgeschäft bewegen, weisen mit einer Standardabweichung von über 11% die höchste Volatilität der Bankengruppen auf. In den Jahren 2000 bis 2004 erzielten sie eine negative Eigenkapitalrendite, nachdem in der Dekade zuvor die Rendite oberhalb des Marktdurchschnittes lag.

Tabelle 12: Eigenkapitalrentabilität vor Steuern, Durchschnittsgrößen einzelner Bankengruppen von 1990 bis 2004

Bankengruppe 1990 bis 1994 1995 bis 2000 2000 bis 2004 Mittelwert Standard-abweichung
Alle Bankengruppen 12,4% 14,1% 5,0% 10,5% 4,76%
Kreditbanken 9,5% 13,5% 1,5% 8,2% 7,29%
dv. Großbanken 13,3% 15,0% -1,7% 8,9% 11,57%
dv. Regionalbanken, sonstige Kreditbanken 7,3% 13,1% 7,0% 9,1% 4,08%
Landesbanken (vormals Girozentralen) 7,2% 10,2% 2,5% 6,6% 4,17%
Sparkassen 19,3% 19,3% 10,3% 16,3% 5,15%
Genossenschaftliche Zentralbanken 7,9% 14,8% 5,1% 9,3% 7,01%
Kreditgenossenschaften 20,2% 15,4% 9,3% 14,9% 5,25%
Realkreditinstitute 13,8% 16,5% 6,5% 12,3% 4,60%

Quelle: Eigene Berechnungen, Deutsche Bundesbank (Hrsg.), Ertragslage, 2005, S. 30, Deutsche Bundesbank (Hrsg.), Ertragslage, 2004, S. 30, Deutsche Bundesbank (Hrsg.), Ertragslage, 1999, S. 38, Deutsche Bundesbank (Hrsg.), Mark, 1998. Die Standardabweichung bezieht sich auf die Einzeljahre.

Die Landesbanken, die weitgehend eine zu den Großbanken ähnliche Geschäftsstrategie verfolgten, mußten in den vergangenen Jahren ihrem internationalen Expansionsdrang, der geplatzten Börsenblase und den strukturellen Schwächen des Firmenkundengeschäfts Tribut zollen. Bei den dezentral-organisierten Bankengruppen fällt aber auch auf, daß sowohl die Primärinstitute der Sparkassen-Finanzgruppe als auch des genossenschaftlichen Sektors nach den "fetten Jahren" der 1990er am Anfang des 21. Jahrhundert deutlich zurückfielen. Der Fokus auf das Privatkundengeschäft und kleinere Unternehmen verhindert starke Schwankungen, die Abhängigkeit vom Zinsgeschäft einhergehend mit dem massiven Margenverfall seit Mitte der 1990er hat aber auch diese Institute in ihrer Eigenkapitalrentabilität maßgeblich geschwächt. Unter der bedrückenden Zinssituation leiden insbesondere auch die Realkreditinstitute.

Aus der Sicht der Kunden des Kreditgewerbes könnte man geneigt sein, die derzeitige Situation positiv im Sinne eines funktionierenden Wettbewerbs zu interpretieren. Den einzelnen Instituten und Bankengruppen wäre somit aufgrund der Konkurrenzbeziehungen der Weg zum Abschöpfen hoher Renditen verbaut. Negativ formuliert könnte die geringe Eigenkapitalrentabilität ein Zeichen von Schwächen in der Struktur der Anbieterseite sein, die auf ein hohes Konsolidierungspotential hindeuten kann.

 

384 Für einen Finanzintermediär kann das Prädikat "Spekulationskultur" durch das Eingehen unverantwortlich hoher Risiken, um eine vergleichsweise hohe Rentabilität zu erzielen, kein Ziel sein, vgl. dazu auch Priewasser, Prognose, 1994, S. 54.

385 Der Aufwand einer systematischen Übernahme aus den Daten der internen Kosten- und Leistungsrechnung der Kreditinstitute, die Festlegung von exakten Definitionen der einzelnen Geschäfte und Kundensegmente sowie die Überwachung der Einhaltung bei der Datenerfassung und übermittlung stellt einen ungebührlichen Preis dar. Die so erzeugte Transparenz in der Kosten- und Ertragssituation ließe den deutschen Bankensektor nicht nur untereinander, sondern auch durch Dritte (beispielsweise Newcomer und ausländische Kreditinstitute) zu einer leicht auszurechnen Beute werden.

385 Bei den Großbanken bestehen allerdings statistische Verzerrungen durch die geringe Anzahl und eine unterschiedliche Datenbasis aufgrund der Hinzurechnung oder dem Weglassen von einzelnen Instituten. Es sei auf die Postbank AG, die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank und die Bank 24 verwiesen, ohne an dieser Stelle vertieft auf die Problematik einer unterschiedlichen Zurechnung einzugehen. Siehe dazu in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank.


© Dr. Ulf-Theo Fuhrmeister

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Stand: 03.10.2006